Gebauter Klimaschutz jetzt! Zukunftswerkstatt Ruhrgebiet

Grüne Landtagsfraktion: „Interdisziplinäres Reallabor für nachhaltige Stadtentwicklung gehört in den ‚Pott‘!“

Wir Grünen im Landtag wollen die kürzlich von der EU-Kommission initiierte „Europäische Bauhaus-Bewegung“ auch in NRW verankern. Dazu schlagen wir vor, schon 2021 ein interdisziplinäres Reallabor für nachhaltige Stadtentwicklung in Nordrhein-Westfalen zu etablieren – und zwar im ‚Pott‘. Das NRW-Reallabor soll als Blaupause gelten und nach dem Start der EU-Bauhaus-Bewegung in das europaweite Netz von Bauhaus-Projekten und -Zentren eingepflegt werden.

Gebauter Klimaschutz

Nach Vorschlägen der EU-Kommission sollen europaweit fünf Bauhaus-Projekte geschaffen werden, in denen es darum geht, tragfähige und nachhaltige Lösungen für die Städte von morgen zu finden, die die technologischen Fortschritte der Digitalisierung stetig miteinbeziehen und zu nutzen wissen, die dem Klimaschutz Rechnung tragen, indem sie Emissionen deutlich reduzieren, und die den Ansprüchen der Bevölkerung an Ästhetik und erhöhte Lebensqualität gerecht werden.

Diese europäische Bauhaus-Bewegung korrespondiert mit der ebenfalls von der EU-Kommission im Rahmen des Green Deal angestoßenen Renovierungswelle im Baubestand. Es geht hier um nicht weniger als gebauten Klimaschutz, denn in Deutschland entfallen etwa 30 Prozent der CO2-Emissionen und 35 Prozent des Endenergieverbrauchs auf den Gebäudesektor. Die Klimaschutzziele der EU auf diesem Feld sind also nur durch eine breit angelegte Sanierungsoffensive zu erreichen. Ohne eine konsequente Strom- und Wärmewende im Baubestand wird das nichts! Wir Grünen wollen, dass die von der EU beabsichtigte europäische Bauhaus-Bewegung auch in unser Bundesland hineinreicht, denn NRW hinkt beim gebauten Klimaschutz nach wie vor hinterher. Das Reallabor als Europäisches Bauhaus in Gründung bietet die Chance, dies endlich zu ändern. Wir wollen, dass NRW vorangeht und schon im kommenden Jahr prototypisch mit einem NRW-Reallabor für nachhaltige Stadtentwicklung an den Start geht.

Der ‚‘Pott‘: Reallabor für eine nachhaltige Stadtentwicklung

Für uns ist klar, wohin diese Zukunftswerkstatt gehört: in den ‚Pott‘! Das Ruhrgebiet blickt auf eine mehrhundertjährige Industrie- und Wirtschaftsgeschichte zurück. Und auf das Kohlezeitalter folgt jetzt das Nachhaltigkeits-Zeitalter. Insbesondere das nördliche Ruhrgebiet bzw. die Emscherregion sind anschlussfähig, um den im Gebäudesektor erforderlichen Transformationsprozess in NRW zu verankern: Dieser in einzigartiger Weise von Industrie und Strukturwandel geprägte Ballungsraum bietet enormes Innovationspotenzial für zukunftsweisende, klimaschonende Stadt- und Infrastrukturentwicklung.

Damit steht das Reallabor als Europäisches Bauhaus in Gründung außerdem in direkter Nachfolge zur Internationalen Bauausstellung Emscher Park 1989 – 1999 (IBA), die in insgesamt rund 120 Projekten wichtige Impulse gesetzt und Bau- und Restaurierungsvorhaben sowie Renaturierungsmaßnahmen realisiert hat. Die vielfältigen Ergebnisse dieser intensiven Planungs- und Umbauphase prägen die Region bis heute und haben die Lebensqualität vieler Menschen verbessert.

Anknüpfung an die Bauhaus-Bewegung: Koalition der Gewerke für die Arbeit an einer neuen Welt

In der Anknüpfung der EU-Kommission an das vor gut einhundert Jahren gegründete „Staatliche Bauhaus Weimar“ (1919) sehen wir eine weitblickende und mutige Entscheidung. In den Werkstätten und Laboren der Zukunft versammelten sich Handwerker*innen, Techniker*innen, Architekt*innen, Künstler*innen und Kreative aller Art. Aus unproduktivem Neben- und Gegeneinander wurde ein kreatives, produktives Miteinander. Das Bauhaus steht ‘für die Arbeit am Bau einer neuen Welt‘ (Alfred Arndt zur Eröffnung des Dessauer Bauhauses). Das Nebeneinander von Denken und Handeln, das Gegeneinander von Handwerk und Kunst, das Übereinander von Arbeit und Kreativität wurde in den Laboren des Bauhauses zugunsten einer Integration um der Zukunft willen überwunden. Genau darum geht es auch heute: Arbeit zur Abwendung der globalen Klimakatastrophe, Arbeit am Bau einer postfossilen Zukunft, Arbeit an der Transformation aller energierelevanten Sektoren gesellschaftlicher Wirklichkeit. Zur Bewältigung der notwendigen umfassenden Transformation müssen wir das Nebeneinander von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Kunst und Bildung in ein produktives Miteinander aller gesellschaftlicher Akteur*innen – eine Koalition von Kompetenz, Erfahrung und Phantasie – überführen. Der Energiesektor Stadtentwicklung, Bauen und Gebäudemanagement ist hierbei eines der entscheidenden Bewährungsfelder.

Dass bei der interdisziplinären Zusammenarbeit im 21. Jahrhundert insbesondere auch Expert*innen für Digitalisierung eine wichtige Rolle spielen, steht außer Frage. In der Wissenschaft, aber auch in den Köpfen vieler Unternehmer*innen steht schon lange fest: Ohne Digitalisierung und eine leistungsfähige digitale Infrastruktur gibt es kein Greening bei Gebäuden und Stadtentwicklung. So beschreibt etwa Thomas Zinnöcker, CEO eines Energiedienstleisters, dass beispielsweise das regelmäßige digitale Messen, Abrechnen und Visualisieren von individuellen Energieverbräuchen die Transparenz für Verbraucher*innen fördert, beim Energiesparen unterstützt und uns dadurch zu aktiven Akteur*innen von Klimaschutz und Energiewende macht.1 Daher ist klar: Das Bauhaus der Zukunft ist ‚smart‘.

1 Zinnöcker, Thomas, 2017: Nachhaltigkeit, Energiewende und Digitalisierung, abrufbar unter: https://www.springerprofessional.de/nachhaltigkeit-energiewende-und-digitalisierung/14240312

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