Erfahrungsaustausch zu Schulen in Zeiten von Corona

Mehr möglich machen: Unterricht im Freien, Mehrschichtbetrieb mit mehr Schülerverkehr ausweiten, Prüfungsordnungen anpassen

Nach einem Erfahrungsaustausch mit Lehrkräften aus der Region haben Johannes Remmel, heimischer Landtagsabgeordneter aus Siegen-Wittgenstein, und Florian Kraft, Stadtverordneter im Rat der Stadt Siegen und Gesamtschullehrer, Forderungen entwickelt, wie ein Mehrschichtsystem an den Schulen in Siegen-Wittgenstein umgesetzt werden könnte. Dazu erklären sie:
„Trotz der denkbar kurzen Vorbereitungszeit haben viele Schulen gemeinsam mit den Kommunen im Kreis Siegen-Wittgenstein inzwischen eigene Hygienekonzepte entwickelt. Schülerinnen und Schüler können nun, aufgeteilt in Gruppen und in einer Art Schichtsystem, wieder am Unterricht teilnehmen. Jedoch führen erheblicher Raum- und vor allem Personalmangel dazu, dass einzelne Gruppen die Schule bis zu den Sommerferien nur wenige Male von innen sehen werden – teilweise sind nur zwei Schulbesuche bis zum Ferienbeginn möglich. Diesem Umstand würden viele Schulen in der Region gerne etwas entgegensetzen, denn die Unterrichtung an z.B. nur zwei Schultagen steht in keinem Verhältnis zum Aufwand und dem gesundheitlichen Risiko.
Dass nicht mehr Schulen ein Mehrschichtsystem probieren, bei dem die Schulen nicht nur vormittags, sondern auch nachmittags Schülergruppen unterrichten könnten, scheitert vor allem an fehlenden Kapazitäten im Schülerverkehr und bei den Reinigungskräften. Damit die Schülerinnen und Schüler sich nach diszipliniertem Abstandhalten am Vormittag nicht nach Schulschluss in überfüllten Bussen drängen müssen, braucht es den verstärkten Einsatz weiterer Transportmittel. Hier können örtliche Reiseunternehmen mit ihren aktuell ungenutzten Busflotten einen wichtigen Beitrag leisten. Die Landesregierung muss den Kommunen und Schulen jetzt ein Budget bereitstellen, damit diese schnell und unbürokratisch vor Ort geeignete Pilotprojekte organisieren können, von denen ebenfalls die Reiseunternehmen profitieren.
Auch die Erlasslage, dass Schulklassen das Schulgelände während der Unterrichtszeit nicht verlassen dürfen, muss aufgehoben werden. Eine Verlegung eines Teils des Unterrichts auf freie Flächen, wie nahegelegene Parks, Wälder oder Sportplätze, würde Raum für mehr Schülergruppen schaffen und das Abstandhalten vereinfachen.
Beim Abitur muss die Landesregierung endlich Gerechtigkeit herstellen und einen Schutzmechanismus für diejenigen schaffen, die sich aufgrund der Corona-Krise nicht ausreichend auf die Prüfung vorbereiten konnten. Dazu zählen Schülerinnen und Schüler, die sich in den letzten Wochen beispielsweise um die Pflege von Angehörigen kümmern mussten, die zu einer Risikogruppe zählen. Damit ihnen aus diesem wichtigen Engagement kein Nachteil bei der Benotung erwächst, soll hier ein Schutzmechanismus greifen: Weicht die Note der Abiturprüfung um mehr als eine ganze Note nach unten von den Vorergebnissen ab, soll sie nur zu 20% in die Gesamtbenotung einfließen – und nicht wie üblich zu 33%. Eine Verbesserung der Vorergebnisse soll aber in jedem Fall möglich sein.
Mit ihrer Entscheidung, die Schulen in NRW bereits ab dem 23.04. wieder schrittweise zu öffnen, hat die Landesregierung Lehrkräfte und kommunale Schulträger vor enorme Herausforderungen gestellt. Während Ministerpräsident Laschet und Schulministerin Gebauer mit ihrem Kommunikationschaos weiterhin für Verwirrung sorgen und verbindliche Planungen erschweren, beweisen die Schulen in Siegen-Wittgenstein außergewöhnliches Engagement bei der Wiederaufnahme des Schulbetriebs. Eine angemessene Unterstützung durch die Landesregierung ist angesichts der Herausforderungen und Sorgen, denen sich Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte derzeit gegenübersehen, dringend geboten.

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